Bank-Projekt

Falls Sie oder Personen in Ihrem Umfeld von Gewalt betroffen sind, finden Sie unter folgendem Link Unterstützungsangebote:

Hilfsangebote für Betroffene von häuslicher Gewalt im Kreis Herford (hilfe-haeusliche-gewalt.de)

Was verbirgt sich hinter dem Bank-Projekt?

„Fast alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Mensch Opfer von häuslicher Gewalt. Jede Stunde werden mehr als 14 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner eine Frau zu töten. Die deutlich gestiegenen Zahlen zeigen die traurige Realität: Gewalt gegen Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches und alltägliches Problem.“

Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Mit diesem Zitat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend startet der Bericht der Projektgruppe der Hochschule für Polizei und Verwaltung. Jedes Jahr befassen sich die Schülerinnen und Schüler im zweiten Ausbildungsjahr der Verwaltungsausbildung mit einem Projekt. In diesem Jahr hat der Kreis Herford das Projekt: „Nein! Zu der Gewalt gegen Frauen“ ins Leben gerufen. In Zusammenarbeit mit Frau Klostermeyer (Gleichstellungsbeauftragte Kreis Herford) und Frau Prof. Dr. Elisabeth Schilling (Dozentin an der HSPV NRW) hat sich die Projektgruppe intensiv mit dem Thema der Gewalt an Frauen auseinandergesetzt. Es galt innerhalb einer Projektzeit von neun Wochen sich mit rechtlichen und gesellschaftlichen Fragestellungen auseinander zu setzen, Öffentlichkeitsarbeit für das Projektthema zu leisten und die praktische Umsetzung mittels Platzierung von orangefarbenen Bänken im öffentlichen Raum durchzuführen um die Bevölkerung auf dieses wichtige Thema aufmerksam zu machen.

Die Informationen auf dieser Seite dienen zum einen der Ergebnispräsentation, zum anderen soll die Beschäftigung mit dem Thema „Gewalt gegen Frauen“ ermöglicht werden.

Rechtliche und gesellschaftliche Fragestellungen im Projekt

Im Rahmen des Projektes hat sich die Projektgruppe inhaltlich schwerpunktmäßig mit dem Begriff „häusliche Gewalt“ auseinandergesetzt.

Häusliche Gewalt ist demnach eine Art der Gewalt, die zwischen den Positionen innerhalb einer Paarbeziehung und intergenerativer Gewalt (Gewalt, die über Generationen hinweg geht, zum Beispiel zwischen Eltern und Kind) trennt. Zudem dürfen die Formen der häuslichen Gewalt nicht vergessen werden. Einerseits gibt es die physische/ körperliche Gewalt, die sich beispielsweise durch blaue Flecke oder Knochenbrüche bemerkbar macht. Andererseits gibt es auch noch die Formen der psychischen (sozialen oder ökonomischen) und sexuellen Gewalt. Diese Formen führen meistens zu Folgen, die nicht direkt am Körper sichtbar sind. Dennoch betreffen sie so gut wie alle anderen Teilbereiche des Lebens der Opfer.

  • Psychische Gewalt wird meist verbal ausgeübt. Es handelt sich dabei um Gewalthandlungen wie Beleidigungen, Einschüchterungen oder Demütigung.
  • Eine Unterart der psychischen Gewalt ist die soziale Gewalt. Hierbei wird das soziale Leben des Opfers durch Verbote und Kontrollen eingeschränkt.
  • Eine weitere Unterart der psychischen Gewalt ist die ökonomische Gewalt. Hier wird das Opfer durch ein Arbeitsverbot finanziell vom Täter abhängig gemacht. Es kann aber auch zur generellen Eingrenzung von Ausgaben oder Vorenthaltung notwendiger Mittel kommen.
  • Sexuelle Gewalt versteht sich zumeist in sexuellen Handlungen, die gegen den Willen des Opfers und ohne dessen Einverständnis erfolgen.

Bei der Frage nach Ursachen und Risikofaktoren für Gewalt hat sich die Projektgruppe an dem ökologischen Erklärungsmodell der Entstehung von Gewalt nach der World Health Organisation orientiert. Hierbei wird besonders auf vier Ebenen analysiert.

  • Individuelle Ebene

Auf der individuellen Ebene handelt es sich um Faktoren, die das individuelle Leben betreffen. Darunter fallen beispielsweise Verhaltensprobleme, die durch Krankheiten oder traumatische Kindheitserfahrungen ausgelöst werden. So könnte ein Kind von klein auf durch seine Eltern lernen, dass Gewalt ein Mittel zum Durchsetzen seines Standpunktes ist.

  • Relationale Ebene

Die relationale Eben erfasst häufig Beziehungsdynamiken, die in der Vergangenheit bereits zum Einsatz von Gewalt geführt haben. Es werden dysfunktionale Kommunikationsmuster analysiert. Ebenso gelten ungelöste Konflikte in einer Partnerschaft und Kontroll- und Dominanzverhalten innerhalb einer Beziehung als Prädikatoren für häusliche Gewalt.

  • Gemeinschaftliche Ebene

Die Ebene der gesellschaftlichen Faktoren bezieht sich auf die Umgebung der Opfer. Betroffene von häuslicher Gewalt in ländlichen Räumen, erhalten durch die geringere Anzahl an Hilfsmöglichkeiten häufig weniger soziale Unterstützung. Auf einer ökonomischen Ebene können finanzielle Schwierigkeiten und Arbeitslosigkeit das Stressniveau in einer Beziehung auf eine neue Stufe heben und zu einer Begünstigung der Gewaltbereitschaft führen.

  • Gesellschaftliche Ebene

Auf dieser Ebene werden die kulturellen Normen und Werte berücksichtigt, die gegebenenfalls Gewalt unter bestimmten Umständen akzeptieren. Bei den Tätern stellt sich demnach kein „Störgefühl“ ein und bei den Opfern kann es zu einer Mentalität kommen, die den Täter schützt. Manchmal denken Opfer, dass sie selbst etwas falsch gemacht hätten oder rationalisieren das Verhalten ihrer Partner.

Der rechtliche Rahmen zeigt: gemäß Artikel 1 des Grundgesetzes gibt es keinen theoretischen legalen Spielraum für häusliche Gewalt. Weitere Spezialgesetze ergänzen den Schutz von Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind. Hier ist besonders die sogenannte Istanbul-Konvention zu erwähnen. Diese Konvention ist ein offizielles Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Die unterzeichnenden Staaten haben sich zur Ergreifung von Maßnahmen zur Prävention von Gewalt, zum Opferschutz sowie zur konsequenten strafrechtlichen Verfolgung bei entsprechenden Gewalttaten verpflichtet. Weiterhin gibt es seit 2023 das neue Gewaltschutzgesetz, welches weitere Maßnahmen für den Schutz von Opfern umfasst. Demnach dürfen Gerichte in Bezug auf Orte Schutzanordnungen aussprechen, die bewirken sollen, dass sich der Täter dem Opfer nicht nähern darf. Darüber hinaus kam es zur Ausweitung der Wohnungsverweisung, wonach der Täter die Wohnung im Falle von Gewaltanwendung verlassen muss, selbst wenn dieser Miteigentümer oder sogar alleiniger Mieter ist. In der Theorie wird also bereits vermehrt in diesem Themenbereich gearbeitet, jedoch gibt es immer wieder Probleme in der Umsetzung, wie zum Beispiel bei der Nichteinhaltung von Kontaktverboten.

Hilfsangebote für Opfer von häuslicher Gewalt müssen weit über die Behandlung von Prellungen, Knochenbrüchen oder weiteren Wunden hinausgehen. Die unmittelbar bestehenden psychischen Folgen wie posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen, Angststörungen oder Suizidgedanken lassen sich nicht immer sofort nach der Tat erkennen, beeinträchtigen aber erheblich das Leben der Opfer. Betroffene von (häuslicher) Gewalt müssen ein umfangreiches und ganzheitliches psychologisches Hilfsangebote erhalten. Dafür müssen allerdings die Kapazitäten geschaffen werden, unter anderem muss es genügend fachlich ausgebildetes Personal und Behandlungsplätze geben. Leider scheitert es jedoch oft an den Ressourcen, sodass nicht jedes Opfer von Gewalt Hilfe in Anspruch nehmen kann. Neben den individuellen Herausforderungen kommt es auch zu gesamtgesellschaftlichen Folgen. Zunächst sind hier die höheren Gesundheitskosten der Krankenkassen und Kosten für die Inanspruchnahme sozialer und rechtlicher Dienstleistungen zu nennen. Dazu kommen außerdem Ausgaben der staatlichen Behörden für Jugendämter im Rahmen der Beratung bei Erziehungs- und Trennungsfragen sowie in Bezug auf Unterhaltsansprüche.

Statt ständig nur für den entstandenen Schaden zu zahlen, wäre eine Investition in Präventionsprogramme und Unterstützungseinrichtungen langfristig ökonomischer und die Lebensqualität zukünftiger potenzieller Opfer könnte verbessert werden. Ein flächendeckendes Präventionsprogramm in Schulen und Bildungseinrichtungen könnte bereits junge Menschen dafür sensibilisieren, welche Auswirkungen Gewalt haben kann.

Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit hat sich die Projektgruppe mit den Vor- und Nachteilen der klassischen und digitalen Medien auseinandergesetzt. Bei den klassischen Medien standen die Formate: Fernsehen, Radio und (Lokal-)Zeitung im Fokus der Begutachtung. Ihre Vorteile liegen in einer hohen Reichweite und ihnen wird vom Großteil der Gesellschaft ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zugesprochen. Zugleich fordern diese Medien (gerade das Fernsehen) hohe Kosten für die Produktion und eine lange Vorbereitungszeit. Somit kamen die Medien Fernsehen und Radio leider nicht für unser Projekt in Frage. Folglich kam nur das Medium der Lokalzeitung in Frage. Bei den digitalen Medien und insbesondere Social Media konnte man eine hohe Interaktivität und eine schnelle sowie kostengünstige Umsetzung des Projektes verzeichnen. Allerdings ist auf den sozialen Medien eine viel höhere Schnelllebigkeit der Themen gegeben, sodass ein Thema schnell „gehypt“, jedoch auch schnell wieder vergessen werden kann.

Um die größtmögliche Reichweite zu erzielen, hat sich die Projektgruppe für eine multimediale Kampagne entschieden. Dabei wird das Medium der Lokalzeitung sowie die Konten des Kreises Herford und der Gleichstellungsstelle des Kreises Herford auf Instagram genutzt. Die Kombination dieser beiden Medien bietet den Vorteil, dass statistisch gesehen alle Altersklassen in der Öffentlichkeit erreicht werden. Wichtig ist auch, dass nicht nur jede Altersklasse erreicht wird, sondern es auch keine Altersklasse gibt, die statistisch gesehen keine der beiden Medien nutzt. Folglich ist diese Kombination sehr effektiv für unser Projekt. Zudem lässt sich aus dieser Kombination eine zuverlässige und schnelle Veröffentlichung beziehungsweise öffentliche Anregung des Themas der Gewalt an Frauen im Kreis Herford erreichen.

Die praktische Umsetzung des Projektes

Bei der praktischen Umsetzung des Projektes wurde zunächst zugunsten der Herstellung einer mobilen orangefarbenen Bank entschieden. Die orangene Farbe der Bank ist das Markenzeichen des Hashtags: „#Orangetheworld“. Die Aktion „Orange the world“ ist eine UN-Kampagne und wurde erstmals 1991 eingeführt. Seitdem versteht sich der 25. November als internationaler Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen. Aus diesem Grund ist auch unsere Bank orange geworden. Zudem haben wir uns auf den oben genannten Hastag (#Orangetheworld) geeinigt, um diesen auf der Bank zu platzieren.  Neben der Aufmerksamkeit, die die Bank dank ihrer Farbe und Aufschrift generiert, informiert die Bank durch ihren integrierten QR-Code. Alle Interessierten können den QR-Code mit dem Handy einscannen und werden dann auf die Internetseite des Fachforums gegen häusliche Gewalt weitergeleitet. Neben dem QR-Code sind auch die Telefonnummern des bundesweiten Hilfetelefons und des Frauenhauses Herford, sowie die polizeiliche Notfallnummer auf der Bank ersichtlich. Die mobile Bank wird durch die Gleichstellungsstelle des Kreises Herford an verschiedenen Aktionstagen in die Öffentlichkeit gebracht.  Ziel ist es, durch den Aufmerksamkeitsanreiz der Bank, mehr Menschen auf das Thema der Gewalt an Frauen aufmerksam zu machen.

Die Projektgruppe hat in Zusammenarbeit mit allen neun Kommunen des Kreises Herford erreicht, dass in jeder einzelnen Kommune eine fest installierte Bank (gleiches Design) aufgestellt wird. Um die größtmögliche Reichweite zu erzielen, werden die Bänke an möglichst barrierefreien und öffentlichen Standorten aufgestellt, damit die Bürgerinnen und Bürger dort gerne verweilen können. Also halten Sie die Augen offen, dann finden Sie vielleicht die Bank in Ihrer Kommune!